Logo

eurotransport.de: Briefmarkt - Schwung bei privaten Anbietern

16.11.2016

 

Die Deutsche Post (DP) will ab kommendem Jahr ihre Teilleistungsrabatte für Konsolidierer um ein Prozent senken. Es geht um die Teilleistungsrabatte für BZA (Briefzentrum Abgang) und BZE (Briefzentrum Eingang) für Dienstleister, die Briefe beim Kunden abholen, vorsortieren und bei der DP einliefern. "Das kommt faktisch einer Preiserhöhung für Geschäftskunden von 1,7 Prozent gleich", sagt Dr. Axel Stirl, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens Pin Mail in Berlin. Das sei erst mal nicht wahnsinnig viel und werde den Markt nicht aufrütteln. Aber die Reise gehe weiter, vermutet er, und die fünf Prozent Rabatt, die die DP in 2015 eingeführt habe, werde stufenweise wieder abgebaut.

 

"Die geplante Absenkung der Mengenrabatte für Großkunden durch den Marktführer bringt uns Mitbewerbern einen gewissen Rückenwind", sagt Michael Mews, Chief Sales Officer bei Postcon. Das Großkundengeschäft mache in Deutschland rund 90 Prozent des Briefumsatzes aus. Insofern erhoffen sich die alternativen Briefdienstleister auch Mengensteigerungen, wenn die Deutsche Post an der Preisschraube dreht. Doch das gilt nicht für alle. So erwartet Roy Thelemann, Geschäftsführer der Mail & Parcel Network, keine unmittelbaren Auswirkungen. "Unser Einzugsgebiet ist nicht so stark mit Großversendern gesegnet, wir leben vor allem von mittelgroßen Kunden", sagt er.

 

Preise bestimmt marktbeherrschende Deutsche Post

"Für uns bedeutet jede Preiserhöhung, dass wir nachziehen müssen, um im Wettbewerb bleiben zu können", erläutert Stirl. Da sein Unternehmen gut wirtschafte, könne es dennoch einen 15-prozentigen Preisvorteil für seine Kunden aufrechterhalten. „Wir arbeiten auf dem Niveau der DP und agieren für das Land Berlin mit all seinen Behörden nun im achten Jahr als Briefdienstleister“, fügt er hinzu. Indem private Anbieter ihre Preise erhöhen, können sie zunehmend vernünftige Arbeitsplätze bieten. Dennoch bemängelt Stirl, dass Markt- und Kundenpreise sowie die Löhne der Zusteller ausschließlich von der marktbeherrschenden DP bestimmt werden.

 

Nicht alle am Markt tätigen privaten Briefdienste können seiner Ansicht nach mithalten. Denn noch tun sich private Dienstleister in Sachen Lohnzahlungen in der Regel schwerer als die DP. Auch die Pin AG, die rund 1.250 Mitarbeiter beschäftigt, konnte in den vergangenen Jahren die Lücke nicht ganz schließen. "Wir zahlen in 2017 durchschnittlich etwas über zehn Euro für einen normalen Zusteller mit durchschnittlicher Betriebszugehörigkeit von sechs Jahren", sagt der Pin Mail-Chef. Damit komme das Unternehmen der DP mit ihren neu angestellten Zustellern schon relativ nahe.

 

Briefmenge bleibt konstant

Die Post hält seit Jahren einen Marktanteil im Briefsegment von knapp 90 Prozent. "Wir und andere Gesellschaften, etwa in Dresden oder Augsburg, wachsen dennoch und das in einem stagnierenden Markt", sagt Stirl. Zwar gebe es eine elektronische Substitution, aber auch einen wachsenden Anteil an höherwertiger, individueller Werbung. Das führe dazu, dass die Briefmenge in Deutschland konstant bleibt. "Den ganz großen Sprung werden wir erst machen, wenn der Bund seine Anteile an der DP verkauft", sagt er. Das ist allerdings – zumindest in dieser Legislaturperiode – nicht geplant.

 

Stirl fordert weiter, dass die Behörden bei Ausschreibungen nicht mehr auf den Standard von E+1 (Einlieferung und Zustellung am nächsten Tag) pochen. "Wir können natürlich E+1, aber es ist unendlich viel teurer und damit nicht sehr attraktiv", sagt Stirl. Seiner Ansicht nach mangele es Deutschland an politischem Willen, einen ernsthaften Wettbewerb hochzuziehen. "Mit einer Laufzeit von E+2 hätten wir auf einmal richtig Musik im Markt", sagt Stirl. Natürlich habe die DP den Vorteil, dass sie auf eine über Jahrzehnte gewachsene Infrastruktur zurückgreifen kann. Allerdings gehöre das Unternehmen nicht umsonst zu den Top 3 der Welt. "Es hat den Markt richtig vorausgedacht – da kommen wir nicht ran.

 

PIN Mail AG ist gutes Praxisbeispiel

Pin Mail, die für ihre harte Auseinandersetzung mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bekannt wurde, hat sich mittlerweile aber auch zu einem Vorzeigeunternehmen entwickelt. Und so wundert es nicht, dass Berlin das Unternehmen im Rahmen des Projektes "Dienstleistungen zukunftsfähig machen – mit Guter Arbeit 4.0 für Dienstleistungen 4.0 in Berlin" als gutes Praxisbeispiel vorgestellt hat. Dazu kommt, dass das Unternehmen 2016 voraussichtlich ein hohes zweistelliges Umsatzwachstum hinlegen wird.

 

Auch andere der befragten Anbieter sind mit der Entwicklung auf dem deutschen Postmarkt zufrieden. "Alternative Dienstleister wie Postcon sind etabliert und die Wechselbereitschaft der Geschäftskunden sowie öffentlichen Auftraggeber ist merklich gestiegen", sagt Mews von Postcon. Und Christian Vogel von der BW-Post bestätigt: "Die Kunden sind offener für den Wettbewerb und das Vertrauen in die privaten Postdienstleister ist gewachsen." Unabhängig davon müssen sich private Briefdienste noch intensiver als bisher den Themen Personalakquise und Schaffung attraktiver Arbeitsplätze widmen. "Nur so kann die Branche ihr teilweise schlechtes Image verlieren", betont Mail & Parcel Network-Geschäftsführer Thelemann.

 

Quelle: http://www.eurotransport.de/news/briefmarkt-schwung-bei-privaten-anbietern-8728988.html 

 

< Zu den Pressemitteilungen