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ihc-owl.de: Die grünen Helden von Berlin

26.04.2018

 

Dr. Axel Stirl über 10 Jahre PIN Mail AG und die Erfolgsrelevanz der Unternehmenskultur

In Berlin ist die grüne Post allgegenwärtig: Die PIN Mail AG hat dort 18 eigene Logistikdepots und über 450 Briefkastenstandorte. Ihre Zustellerinnen und Zusteller sind im ganzen Stadtgebiet unterwegs. Das Unternehmen wächst und realisierte 2017 einen Umsatz von rund 67,2 Millionen Euro. Bis zu diesem Erfolg war es für den privaten Postdienstleiter allerdings ein steiniger Weg und ein harter Kampf gegen den mächtigen Konkurrenten Deutsche Post. Von friedlicher Koexistenz konnte dabei nicht die Rede sein, wie der Vorstandsvorsitzende Dr. Axel Stirl in einem spannenden Rückblick auf die letzten 10 Jahre PIN Mail AG erläuterte.

 

„Eiskalt erwischt“ hat das Unternehmen Anfang 2008 der Mindestlohn von 8,00 bis 9,80 Euro je Stunde, den die Gewerkschaft Verdi mit dem von der Deutschen Post gegründeten Arbeitgeberverband Postdienste abgeschlossen hatte. „Dieser Vertrag hatte 100 Prozent Kollateralwirkung“. 9,80 Euro war deutlich weniger als die Deutsche Post bezahlte und traf über das Arbeitnehmerentsendegesetz lediglich die Wettbewerber“, schilderte der Referent die Folgen. Für die PIN AG bedeutete der Mindestlohn eine 20-prozentige Lohnerhöhung bei einem Personalkostenanteil von 70 Prozent. Das Unternehmen stand kurz vor der Insolvenz, als das Bundesverwaltungsgericht den Mindestlohn 25 Monate später für rechtswidrig erklärte. 



Obwohl die PIN Mail AG sofort nach dieser Entscheidung zu den alten Löhnen zurückgekehrt war, sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord geblieben. „Wir hatten die Chance, alle Arbeitsplätze zu retten und diese Sicherheit war den Mitarbeitern sehr viel wert“, erklärte Stirl. Nun hatte das Unternehmen etwas Zeit zum Durchatmen, launchte neue Produkte wie den Hybridbrief und gewann Amazon als wichtigen Kunden – bevor dann die eigenen Mitarbeiter zusammen mit Verdi einen Tarifvertrag forderten. Nach sechs Verhandlungsrunden, Streiks und Aussperrungen einigten sich Anfang 2014 beide Seiten in einer Präambel darauf, dass sich alle tariflichen Forderungen an der wirtschaftlichen Machbarkeit des Unternehmens orientieren. So eine Präambel war laut Stirl ein Novum. 



Heute gehört das Unternehmen zu 100 Prozent der niederländischen Post, zählt 1.450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und schließt das Lohndelta gegenüber der Deutschen Post immer mehr. Seit 2011 stellt das Unternehmen das Thema HR in den Vordergrund, um die Beschäftigten an sich zu binden. Zum Beispiel werden die Mitarbeiter regelmäßig als „Helden“ in einer berlinweiten Plakatwerbung in den Fokus gerückt und zu einem großen Familiensommerfest eingeladen. Dieser langfristig angelegte Kulturprozess zeigt Wirkung. Trotz vieler Abwerbeversuche bleiben die Mitarbeiter loyal. „Wenn ein Unternehmen nicht die Kultur hat, die es für Strategie- oder Richtungsänderungen braucht, wird es diese nicht erfolgreich umsetzen“, brachte Stirl seine Erfahrungen auf den Punkt. 



IHC Präsidiumsmitglied Dr. Harald Schlüter bedankte sich bei dem Referenten für die aufschlussreichen Ausführungen. Es folgten viele Fragen aus dem Publikum, bevor die Veranstaltung im Légère Hotel bei lockeren Gesprächen an der Bar ausklang. 

 

 

Quelle: http://www.ihc-owl.de, Text: Ute Schönefeldt / Foto: Susanne Freitag, Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des Industrie- und Handelsclubs Ostwestfalen-Lippe e.V.

 

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