04.12.2012

Landgericht Berlin verhandelt Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland

PIN Mail AG entstand 5 Mio. Euro Schaden durch Amtspflichtverletzung.

Am 28.01.2010 hat das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz festgestellt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Ende des Jahres 2007 eklatant rechtswidrig in den durch Gesetz liberalisierten und regulierten Postmarkt eingegriffen hat.

Um unerwünschte Konkurrenz vom Markt zu verdrängen, hatten die Deutsche Post AG, an der der Bund über die staatseigene KfW-Bankengruppe auch heute noch eine Sperrminorität von 25,5 % hält, über den von ihr dominierten Arbeitgeberverband Postdienste, und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am 29.11.2007 einen für die Branche utopischen, die Deutsche Post AG selbst gar nicht betreffenden Mindestlohn von 9,80 EUR vereinbart. Nur einen Monat später erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales diesen Mindestlohn durch Rechtsverordnung vom 28.12.2007 für allgemeinverbindlich, ohne sich hierfür auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage berufen zu können und ohne der durch diese Maßnahme in der Existenz bedrohten Konkurrenz des Monopolkonzerns auch nur rechtliches Gehör zu gewähren.

Wie nicht anders zu erwarten, gingen in der Folge tausende von Arbeitsplätzen in der noch jungen Branche der privaten Postdienstleister verloren, während der Bund über Aktienverkäufe und die von der KfW gehaltenen Anteile von den Monopolgewinnen der Deutschen Post AG profitierte. In inhaltlich übereinstimmendem Befund stellte Ende des Jahres 2011 die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde ebenso wie die Monopolkommission fest, dass der Wettbewerb durch das gerichtlich beanstandete Vorgehen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entscheidend behindert wurde. Bis heute hält die systematische Benachteiligung der privaten Konkurrenz an, wie das jüngst durch das Bundeskartellamt gegen die Deutsche Post AG eingeleitete Prüfverfahren deutlich macht.

Der Vorstandsvorsitzende der PIN Mail AG zum jetzt anstehenden Verfahren (Landgericht Berlin, Aktenzeichen: 15 O 7/12):
 „Die PIN Mail AG ist eines der wenigen Unternehmen dieser Branche, die sich trotz der konzertierten Aktion von Post AG, Ver.di und Bundesarbeitsministerium im Markt hat behaupten können. Als gesundes mittelständisches Unternehmen schaffen und sichern wir in Berlin über 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Arbeitsplätze mit auskömmlichen Löhnen, die über dem Vergabemindestlohn und dem viel diskutierten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR liegen. Obwohl die Mindestlohnverordnung bereits in erster und zweiter Instanz für evident rechtswidrig befunden wurde, mussten wir bis zum Bundesverwaltungsgericht klagen, um die durch das Bundesarbeitsministerium geschaffene Behinderung des Wettbewerbs zu beseitigen. Während wir in dieser Zeit ums Überleben zu kämpfen hatten, profitierte der Bund von dem eigenen rechtswidrigen Tun nicht nur durch die Wertsteigerung seiner Anteile an dem ehemaligen Staatskonzern, sondern auch durch erhöhte Lohnsteuereinnahmen und mittelbar durch Entlastung bei den Zuschüssen zur Rentenversicherung.

In jedem modernen Rechtsstaat muss der Staat für Schäden haften, die durch vorsätzlich rechtswidriges Tun seiner Verantwortungsträger entstehen. Wir hätten uns gewünscht, dass sich das Bundesarbeitsministerium nach der eindeutigen Niederlage beim Bundesverwaltungsgericht mit uns an den Tisch setzt, um außergerichtlich zu einer befriedigenden Lösung zu kommen. Dazu bestand keine Bereitschaft, so dass wir im Interesse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch unserer Kunden leider gezwungen waren, den Rechtsweg zu beschreiten und die Bundesrepublik Deutschland beim Landgericht Berlin auf Schadensersatz zu verklagen."

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