Brieffeindschaft
Der Briefmarkt gilt als liberalisiert. Doch im Kampf um Kunden bediene sich die Deutsche Post immer wieder illegaler Tricks, klagen private Postdienstleister. Geschäftskunden seien die Leidtragenden.
Die größten Wettbewerbsnachteile sind eigentlich aus der Welt geschafft: Das Briefmonopol ist gefallen, der Postmindestlohn für gesetzeswidrig beschieden und der Umsatzsteuervorteil der Deutschen Post AG getilgt. Dennoch klagen ihre Konkurrenten, die privaten Postdienstleister, über das teils rechtswidrige Gebaren des ehemaligen Staatsbetriebs. „Nach unserer Analyse verzichtet die Deutsche Post durch Rabatterhöhungen und verdeckte Preisnachlässe im Geschäftskundenbereich auf mehr als 500 Millionen Euro an Gewinn im Jahr“, sagt eine Sprecherin des Briefdienstleisters TNT Post. Deren Berliner Tochter Postcon arbeitet als so genannter Konsolidierer, das heißt, sie holt Post bei Geschäftskunden ab, sortiert sie und übergibt sie dann aber der Deutschen Post. Ziel der Post ist es, Großkunden nicht an die privaten Postdienstleister zu verlieren. „Teilweise versucht die Deutsche Post AG, unsere Kunden durch wahnsinnige Rabatte wieder zurückzugewinnen“, berichtet Axel Stirl, Vorstandsvorsitzender der Berliner PIN Mail AG.
Die deutsche Post fährt schon mal sehenden Auges über eine Rote Ampel
Zuletzt ging das Unterbieten nicht auf. Die Bundesnetzagentur hatte die Kampfpreise der in Nordrhein-Westfalen und Berlin tätigen Post-Tochter First Mail gerügt und sie aufgefordert, diese anzuheben. Die Deutsche Post AG klagte dagegen und verlor vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Ende Dezember machte die Post First Mail dann dicht. „Dem Unternehmen ist die Geschäftsgrundlage abhanden gekommen“, bestätigt ein Sprecher. Mittlerweile gelten gesetzliche Preisuntergrenzen.
„Die Deutsche Post ist im Kampf um die Kunden sehr einfallsreich und fährt dabei schon mal sehenden Auges über eine rote Ampel“, sagt PIN-Chef Stirl. Rechnungen des ADAC an seine Mitglieder habe die Deutsche Post zum Beispiel als vergünstigte Infosendungen angenommen, dabei müssten Infosendung immer den gleichen Inhalt haben. Bei einer persönlichen Rechnung ist das allerdings nicht der Fall. Den ADAC wird es gefreut und näher an die Deutsche Post gebunden haben.
„Will ein Kunde langfristig gute Konditionen, muss er den Wettbewerb stärken, sonst hat er irgendwann nur noch die Wahl zwischen gelb und gelb“, sagt die TNT-Specherin. Dann müsse er Preise und Konditionen akzeptieren, ob sie ihm gefallen oder nicht.
Der Preiskampf erschwert es den privaten Postdienstleistern, sich auf dem Markt zu etablieren. TNT Post, der größte bundesweit aktive Konkurrent der Deutschen Post AG, rechnet damit, erst 2013 schwarze Zahlen zu schreiben.
Laut Bundesnetzagentur haben die privaten Postdienstleister heute einen Marktanteil von zehn Prozent. Ihre Angebote richten sich meist an Geschäftskunden, der Privatkundenbereich ist weniger rentabel und auch für Kunden noch wenig lukrativ. 54 Cent Porto verlangt die PIN AG für einen Standardbrief, einen Cent weniger als die Deutsche Post – kaum ein Grund, seine Gewohnheiten zu wechseln. „Würden wir nur 50 Cent nehmen, müssten wir draufzahlen“, sagt Axel Stirl.
Der Postdienstleister MAZ Mail, der zur Märkischen Verlags- und Druckgesellschaft in Potsdam gehört, ist mit 40 Cent pro Standardbrief eine weit lohnendere Alternative. „Seit der Gründung 2005 hat MAZ Mail jährlich eine Umsatzsteigerung von zehn bis zwanzig Prozent verzeichnet“, sagt Guido Fischer, Leiter des Briefdienstes. Bis zu 40 000 Briefe bewegt das Unternehmen täglich. Das Manko des Post-Konkurrenten ist die zweitägige Laufzeit von Briefen, deren Adressaten außerhalb von Brandenburg liegen. Auch die PIN Mail AG garantiert nur in den östlichen Bundesländern eine Zustellung am nächsten Tag. Dennoch hat auch sie in den vergangenen vier Jahren Gewinn gemacht. Wie hoch der Profit und wie groß das tägliche Briefvolumen ist, verrät Axel Stirl nicht: „Die Post könnte uns zu sehr in die Karten schauen.“ Arne Bensiek
Quelle: Berlin maximal vom 27.01.2012
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