12.12.2016

Zeitungen 2016/17: eCommerce – neue Deckungsbeiträge für Briefdienstleister

eCommerce - Wachstumsfeld für Briefdienstleister
Menge der Warensendungen ist tendenziell steigend

Der Online-Handel in Deutschland boomt und das bietet vielfältige Chancen für Briefdienstleister wie die PIN Mail AG. Mit einem Volumen von weit über 100 Millionen Sendungen im Jahr gehört die PIN mit zu den erfolgreichsten Wettbewerbern der Deutschen Post.

Menge der Warensendungen ist tendenziell steigend

Laut CEO Dr. Axel Stirl befördert die PIN Mail AG schon jetzt eine sechsstellige Anzahl an Warensendungen – Tendenz steigend. Amazon ist unter anderen ein wichtiger Kunde. Für den Online-Händler koordiniert die PIN Mail AG den Versand von Warensendungen über ihre Partner-Postdienste in gesamt Ostdeutschland.

Aufgrund ihres briefkastenfähigen Formats und des geringeren Gewichts können Warensendungen einfacher als Pakete in die klassische Briefzustellung integriert werden. Warensendungen bieten eine gute Möglichkeit für zusätzliche Deckungsbeiträge auf der sogenannten letzten Meile. Das Geschäft ist allerdings anspruchsvoller als das normale Briefgeschäft. Die Einhaltung der Laufzeiten steht unter genauer Beobachtung der Empfänger. „Man kann einhundert Mal etwas gut machen beim Kunden“, sagt Axel Stirl, „aber wenn der Kunde sich darauf einrichtet, dass eine Sendung am Soll-Anliefertag ankommt und Sie erfüllen diese Erwartung nicht, dann haben Sie sehr viel zu reparieren.“

Visibility ist ein wichtiges Thema

Im Bereich der Warensendungen ist eine gewisse Visibility Pflicht. Die PIN-Kunden werden deshalb informiert, sobald die Sendung tatsächlich in die Zustellung geht. Convenience und Flexibilität sind weitere heiße Stichwörter. Laut Stirl würden sich im umkämpften Postmarkt am Ende des Tages diejenigen durchsetzen, die es schaffen, „die Convenience des Empfängers am besten zu organisieren“.  Deshalb gehört die Zukunft auch den IT- und Dialogsystemen, die Veränderungswünsche des Empfängers optimal berücksichtigen.

Postmarkt wird anspruchsvoller

Alle Postunternehmen stehen im Grunde vor der gleichen Herausforderung, sagt Stirl: „Damit meine ich nicht den Mindestlohn – in Berlin zahlen wir schon seit Langem mehr –, sondern den Zustellermangel, der sich in den kommenden Jahren durch die demografische Entwicklung noch verschärfen wird.“ Weil das Berufsbild des Zustellers durch den Einsatz neuer Technologien außerdem immer mehr Kompetenzen erfordere, müssten Postunternehmen auf dem Arbeitsmarkt stärker als bisher auch mit anderen Branchen um Personal konkurrieren. „Was in Zukunft zählt, was das lokale Wettbewerbsumfeld terminiert, ist nicht die gesetzliche Mindestlohnhöhe, sondern die faktische Lohnhöhe, die zu zahlen ist, um hinreichend Zustellpersonal auf die Beine zu stellen“, folgert der CEO der PIN Mail AG.

Damit könnten sich die Kräfteverhältnisse im Postmarkt weiter verschieben. „Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel“, sagt Stirl. „Noch hat im Postmarkt derjenige die Macht, der Warensendungen, Pakete und Päckchen hat. In Zukunft wird sich die Macht auf denjenigen verlagern, der dann noch zustellfähiges und -williges Personal mobilisieren kann.“ Dieser Trend werde auch nicht vor den Zeitungsverlagen haltmachen: „Wer die Zeitungszustellung aufrechterhalten möchte, wird sich etwas einfallen lassen müssen, damit die Stückkosten nicht durch die Decke gehen. Die Zustellgesellschaften der Verlage werden keine andere Chance haben, als sich Mehrwertdiensten zuzuwenden, die zusätzliche Deckungsbeiträge erwirtschaften.“

Strategie und Zukunft der PIN Mail AG

Befragt nach der zukünftigen strategischen Aufstellung von PIN Mail, äußert sich der CEO zurückhaltend. Wird das Berliner Postunternehmen in Zukunft neben Warensendungen auch Pakete selbst zustellen und Same-Day- Services anbieten? Er werde keines dieser am E-Commerce hängenden Themen für die Zukunft ausschließen, auch nicht die Paketzustellung, sagt Stirl. Aus Wettbewerbsgründen wolle er jedoch noch nicht zu konkret werden. „Ich sage es mal so: Mit DHL, GLS, DPD, Fedex, UPS in einen oligopolistischen Markt mit geringen Margen hineindrängen zu wollen, wäre ein relativ sinnfreie Angelegenheit. Der Return on Invest ist da wirklich nur noch mit dem Fernrohr zu erkennen.“ Chancen für lokale Logistikdienstleister wie Briefdienste und Zustellgesellschaften sieht Stirl deshalb eher in neuen Dienstleistungen, „in der Veredelung der letzten Meile“.

Eine Option könne es sein, die traditionell guten Beziehungen zum lokalen Handel zu nutzen und gleichzeitig auf den ROPO2-Trend zu setzen: „Konsumenten erkennen zunehmend an, dass sie eine Verantwortung gegenüber der lokalen Wirtschaft tragen. Das sind alles Mikro-Kreisläufe, von denen wir leben“, ist der PIN-Mail-Chef überzeugt. Andererseits verändere der Online-Handel auch die Kundenerwartungen an den lokalen Handel. Neben einem positiven Einkaufserlebnis und einer guten Beratung werde Convenience immer wichtiger. Damit böten sich Chancen für Dienstleister. „Sehen Sie sich zum Beispiel die vielen gut besuchten Einkaufsstraßen und -zentren an. Wer rennt schon gerne den ganzen Tag mit vollen Einkaufstaschen herum? Wäre es nicht eine Überlegung wert, Geschäften oder Hotels Voucher zu verkaufen, mit denen sich die Kunden ihre Einkäufe ins Hotel oder zum Wunschtermin nach Hause senden lassen können?“

 

Quelle: Freytag, Johannes: E-Commerce – Neue Wachstumsfelder für Zeitungsverlage. In Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger: Zeitungen 2016/17 (Jahrbuch). Berlin, 2016.

 

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